14 apr 2013

EINWANDERUNGSPOLITIK - Von Arbeitssuchenden, Empörten und kreativem Prekariat. Die neue italienische Einwanderung nach Berlin

Edith Pichler
                                      
                                             


Wer sind die „neuen“ Einwanderinnen und Einwanderer?
von dr. Edith Pichler

Nach Angaben des italienischen Amtes für Statistik „Istat“ (Istat 2012) wies Italien 2011 seit langem wieder einen negativen Migrationsaldo auf, so hat sich in den letzten 10 Jahren die Zahl der jungen italienischen Auswander_innen mehr als verdoppelt. Unter Ihnen ist auch die Zahl der Personen mit einem universitären Abschluss gestiegen. Ihr Anteil stieg von 11,9% im Jahr 2002 auf 27,6% im Jahr 2011, währenddessen ist im gleichen Zeitraum die Zahl der ausgewanderten Personen mit einem Pflicht-Schulabschluss („Licenza Media“) gesunken. Sie stellen allerdings mit 37,9% immer noch die Mehrheit unter den Auswander_innen (2002 51%). Hohe Mobilität gehört heute zu Europa, und in diesem Kontext bewegen sich auch die „neuen Mobilen“ (Pichler, 2002). Ziele dieser neuen Auswanderung sind - überwiegend nach Einwanderungsgröße - Deutschland, die Schweiz, Großbritannien und Frankreich, die 2011 zusammen 44% der Zuwander_innen ab 25 Jahren aufnahmen. Wenn man die italienischen Emigrant_innen mit einer akademischer Ausbildung berücksichtigt, belegt jedoch Großbritannien, wo 11,9% der Akademiker_innen einwanderten, den ersten Platz, gefolgt von der Schweiz (11,8%), Deutschland (11%) und Frankreich (9,5%) (Istat 2012).

Die neuen Zuwander_innen kommen häufig aus den wohlhabenderen Regionen Nord- und Mittelitaliens. Für einige der neuen Mobilen könnte es eine freiwillige Entscheidung sein, z. B. um einem gewissen Provinzialismus zu entkommen. Für andere insbesondere aus den südlichen Regionen stellt die Mobilität aufgrund der mangelnden Chancen im Herkunftsgebiet immer noch eine Art Zwang dar. So ist im Januar 2013 nach Angabe des italienischen statistischen Amtes Istat die Arbeitslosenquote unter den 24jährigen stark angestiegen und lag bei 38,7% - in Süditalien jedoch sogar bei mehr als 50%. (Corriere della Sera vom 1.3.2013)
Bei einer Online-Befragung 2012 des Centro Altreitalia Turin unter Personen, die ab dem Jahr 2000 ausgewandert sind, wurden als Motive der Auswanderung angegeben: Arbeitsuche, Studienzwecke und eine bessere Lebensqualität. Auf die Frage „Warum weggehen?“ stellen die Antworten, so das Centro Altreitalia Turin, eine wahre j´accuse acte gegen Italien dar: Ein Land allo sfascio, das zusammenbricht; ohne Perspektiven, ungerecht, korrupt und ohne einen senso civile, mit dem man sich nicht mehr identifizieren kann. Im Ausland, so die Antworten, findet man stattdessen „Opportunitäten für berufliche, menschliche und individuelle Entfaltung für sich und seine Kinder, und Meritokratie.“ Ähnliche Antworten bekam die Autorin bei ihrer Fallstudie (Pichler, 2011) über junge Mobile in Berlin. Bei allen unterschiedlichen Motiven verbinden fast alle Befragten mit ihrer Entscheidung auszuwandern, die Hoffnung auf eine bessere Zukunft und eine höhere Lebensqualität.
Die neue Mobilität hat nicht nur zu einer ständigen Pluralisierung der italienischen Community in Deutschland im Hinblick auf ihre soziale Zusammensetzung beigetragen. Ebenso zeigt sich eine deutliche Steigerung des Frauenanteils, die auch auf die Veränderungen der Beschäftigungs- bzw. Arbeitsmarktstruktur hinweist. Die italienische Immigration nach Deutschland ist immer noch vorwiegend männlich, jedoch, wie man aus der Graphik des Statistischen Bundesamts unten entnehmen kann, hat sich die Öffnung der Schere zwischen den beiden Geschlechtern in den letzten Jahren verringert.

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http://migration-boell.de/web/migration/46_3602.asp

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